E-Scooter: Entziehung der Fahrerlaubnis auch für (betrunkene) „Mitfahrer“ möglich!

Ein oftmals unterschätztes strafrechtlich relevantes Risiko ist die Fahrt mit einem E-Scooter (E-Roller) nach dem Konsum von Alkohol. Und dies gilt nicht nur für Fahrer, sondern auch für Mitfahrer: Nach einer Entscheidung des Landgerichts Oldenburg kann sogar auch einem fahruntüchtigen Mitfahrer auf dem E-Scooter nach §§ 316, 69 StGB die Fahrerlaubnis entzogen werden, wenn dieser sich während der Fahrt am Lenker festhielt. 

Grundsätzliches zu Trunkenheitsfahrten

Eine Trunkenheitsfahrt nach § 316 StGB begeht, wer sich mit einem „Fahrzeug“ im öffentlichen Verkehr fortbewegt und dabei aufgrund des Konsums von alkoholischen Getränken oder anderer berauschender Mittel nicht dazu in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen. In den meisten Fällen handelt es sich bei den Rauschmitteln um Alkohol.

Wird in einer solchen Situation festgestellt, dass der Fahrer einen bestimmten Grenzwert in seiner Blutalkoholkonzentration überschritten hat, so ist dieser „absolut fahruntüchtig“. Dann kommt es auch nicht mehr darauf an, ob der Fahrer das Fahrzeug tatsächlich sicher führen kann. Der Alkoholpegel im Blut reicht dann aus, um vor dem Gesetz als fahruntüchtig zu gelten. Bei den sogenannten „Kraftfahrzeugen“, wie zum Beispiel einem Auto, liegt dieser Wert bei 1,1 Promille, bei Fahrrädern hingegen bei 1,6 Promille.

Eine Trunkenheitsfahrt kann gemäß § 316 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder aber einer Geldstrafe führen. Auch spricht gem. § 69 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 2 StGB die Regelvermutung dafür, dass dem Täter die Fahrerlaubnis entzogen wird. Dies kann gem. § 111a Abs. 1 S. 1 StPO bei dringendem Tatverdacht sogar vorläufig geschehen.

Entzug der Fahrerlaubnis auch bei Trunkenheitsfahrt mit einem E-Scooter?

Aus § 1 Abs. 1 eKFV ergibt sich, dass auch E-Scooter Kraftfahrzeuge im Sinne des § 316 StGB sind. Daher ist es auch möglich, dass der Fahrer eines E-Scooters eine Trunkenheitsfahrt begeht. Auch auf diesen Gefährten gilt der Promillegrenzwert von 1,1, was zur Folge hat, dass nach dem Gesetzeswortlaut bei einer Trunkenheitsfahrt regelmäßig auch die Entziehung der Fahrerlaubnis anzuordnen ist. Dies praktizieren auch die wohl meisten Gerichte in Deutschland so – wenn auch mit verhältnismäßig kurzen Sperrfristen für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis.

Risiko für Mitfahrer auf dem E-Scooter

Was gilt aber für die Person, die unter Alkoholeinfluss auf dem E-Scooter hinter dem Fahrer steht und sich am Lenker festhält?

Über einen solchen Sachverhalt entschied das Landgericht Oldenburg mit Beschluss vom 07.11.2022 (4 Qs 368/22) im Rahmen einer Beschwerde des Mitfahrers eines E-Scooters gegen die vorläufige Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Dabei ergab der Bluttest bei ihm eine Blutalkoholkonzentration von 1,2 Promille.

Das „Führen“ eines Kraftfahrzeugs setzt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) voraus, dass zumindest ein Teil der technischen Einrichtungen bedient wird, welche für die Fortbewegung des Fahrzeuges bestimmt sind. Hierbei soll es auch ausreichen, wenn das Fahrzeug unter eigener Mitverantwortung durch den öffentlichen Verkehrsraum wenigstens zum Teil gelenkt wird.

Nach Auffassung des Landgerichts Oldenburg stellt das Festhalten des Lenkers durch einen Mitfahrer einen Lenkvorgang in Richtung „geradeaus“ dar. Schließlich sei ein kontrolliertes Fortbewegen im Straßenverkehr dann nur durch ein Zusammenwirken der beiden Fahrer möglich. Durch die Einwirkungsmöglichkeit des Mitfahrers bestehe außerdem die Gefahr, dass es zu ungewollten Lenkvorgängen und damit zur Gefährdung des Straßenverkehrs komme. Dies entspreche dem Sinn des § 316 StGB, welcher die Sicherheit des Straßenverkehrs gerade auch abstrakt schützen soll.

Nicht von Belang soll hier nach der Auffassung des Gerichts sein, ob der Mitfahrer auch tatsächlich den Verkehr beobachten könne, vielmehr erhöhe dies die Gefahren noch. Ferner spiele es keine Rolle, ob nur einer der beiden Fahrer die Geschwindigkeit kontrolliere. Denn nach der Definition des BGH sei es gerade ausreichend, nur einen Teil der technischen Einrichtungen zu bedienen.

Dies hat zur Folge, dass sich auch der betrunkene Mitfahrer einer Trunkenheitsfahrt gem. § 316 StGB strafbar machen kann und ihm auch Entzug der Fahrerlaubnis droht.

„Mildes“ Landgericht Leipzig

Ganz anders und wesentlich moderater entschied in diesem Gesamtzusammenhang das Landgericht Leipzig mit Urteil vom 24.06.2022 (9 Ns 504 Js 66330/21) und betonte, dass der Umstand, dass es sich bei E-Scootern um „Elektrokleinstfahrzeuge“ handelt, bei der Frage berücksichtigt werden muss, ob eine Entziehung der Fahrerlaubnis tatsächlich angebracht ist. So geht das Gericht davon aus, dass bei kurzen Fahrten (im Urteil etwa 20 Meter) zu verkehrsarmen Zeiten und ohne Ausfallerscheinungen des Fahrers eine Ausnahme von der Regelung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB angebracht sein soll. Das Gericht begründet diese Entscheidung mit der Erwägung, dass E-Scooter in der öffentlichen Wahrnehmung nicht mit führerscheinpflichtigen Fahrzeugen gleichzusetzen seien. Auch sei das Führen eines E-Scooters ohne Fahrerlaubnis möglich. Eine Entziehung wäre demnach im Bezug auf weitere Fahrten mit dem E-Scooter nicht zielführend.

Fazit für Scooterfahrer

Auch bei Fahrten mit einem E-Scooter im alkoholisierten Zustand ist Vorsicht geboten – und zwar unabhängig davon, ob als Fahrer oder Mitfahrer. Das Ausweichen auf ein Taxi oder öffentliche Verkehrsmittel lohnt in jedem Fall. Oder einfach mal die Option „Schusters Rappen“ wählen – Bewegung ist gesund, die frische Frühlingsluft wirkt Wunder und vielleicht geht dann sogar noch ein Ding daheim.

Sofern Sie in den Fokus der Ermittlungen kommen, sollten Sie umgehend einen Fachanwalt für Strafrecht beauftragen, um zumindest eine Schadensbegrenzung zu erreichen.

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