Typische Straftaten bei Demonstrationen

Spätestens seit den bizarren Szenen aus Chemnitz sind Demonstrationen in Deutschland wieder in aller Munde. Die politische Motivation einmal außer Acht gelassen, gehen derzeit in vielen Städten Menschen auf die Straße, um ihrer Meinung und ihrem Protest Ausdruck zu verleihen. Nicht immer verläuft dabei alles jedoch reibungslos. So werden fast bei jeder Demonstration Straftaten begangen. Schneller als einem lieb ist, gibt es dann Ärger mit den Ordnungsbehörden. Um entsprechende Unannehmlichkeiten zu vermeiden, stelle ich Ihnen in diesem Beitrag die typischen Straftaten bei Demonstrationen vor. Über viele Verbote sind sich Versammlungsteilnehmer oftmals schlicht nicht bewusst.

Demonstrationen unterstehen der Versammlungsfreiheit

Zunächst muss noch einmal betont werden, dass die Versammlungsfreiheit in Deutschland ein hohes Gut ist. So ist diese in Artikel 8 des Grundgesetzes verankert, der besagt, dass alle Deutschen das Recht haben, sich ohne Anmeldung oder Erlaubnis friedlich und ohne Waffen zu versammeln. Konkrete Einschränkungen und genauere Bestimmungen enthalten die Versammlungsgesetze des Bundes und der Länder.

Versammlungen oder Demonstrationen sind keine rechtsfreien Räume. So sollte es jedem klar sein, dass Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen auch in einem solchen Rahmen nicht erlaubt sind. Körperliche Gewalt gegen andere Versammlungsteilnehmer, Polizisten, Journalisten oder etwaige Gegendemonstranten sind also ein absolutes Tabu – das gleiche gilt für Vandalismus. Dennoch gehören diese Straftaten zu den häufigsten Delikten. Das liegt wohl vor allem daran, dass sich viele Teilnehmer in der großen Masse sicher fühlen. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an die Straßenschlachten rund um den G20-Gipfel 2017 in Hamburg. Dies ist jedoch ein Trugschluss: Aufgrund der modernen Überwachungstechnik können zahlreiche Täter auch im Nachhinein ausfindig gemacht werden.

Beleidigung oder Volksverhetzung ist nicht von Meinungsfreiheit gedeckt

Interessanter wird es schon bei der Frage, was auf einer Demonstration ohne juristische Konsequenzen gesagt werden darf und ab wann eine Strafbarkeit droht. Grundsätzlich darf alles geäußert werden, was von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Die Grenze wird jedoch bei Beleidigungen (§ 185 StGB), Volksverhetzungen (§ 130 StGB) oder vergleichbaren Delikten gezogen. Eine Volksverhetzung liegt vor, wenn Aussagen getätigt werden, die geeignet sind, den öffentlichen Frieden zu stören und gegen einen Teil der Bevölkerung zum Hass aufstachelt oder die Menschenwürde anderer angreift. Ob dies tatsächlich gegeben ist, ist stark wertungsbedürftig und erfordert stets eine Analyse am Einzelfall. Während bei einer Beleidigung in der Regel „nur“ eine Geldstrafe verhängt wird, droht bei einer Volksverhetzung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren. Seit 1994 verbietet § 130 StGB, den Holocaust zu billigen, zu leugnen oder zu verharm­losen.

Widerstand gegen die Staatsgewalt

Weiter sind auch Delikte wie Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte oder Landfriedensbruch keine Seltenheit bei Demonstrationen. Wer einem Polizisten während einer Diensthandlung mit Gewalt oder unter Androhung von Gewalt Widerstand leistet oder wer einen Polizisten tätlich angreift, erfüllt den Tatbestand des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB). Dieser kann in besonders schweren Fällen mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis fünf Jahren geahndet werden. Ein Landfriedensbruch (§125 StGB) liegt – vereinfacht gesagt – vor, wenn eine Personengruppe anderen mit Gewalt droht oder gegen diese bzw. gegen Sachen gewalttätig wird. Auf einer Demonstration können das z.B. je nach Einzelfall Barrikadenkämpfe gegen Polizeibeamte, das Werfen von Gegenständen, das Schießen mit scharfen oder Gaswaffen, mit Schleudern oder ähnlichen Schussvorrichtungen, das Einschlagen oder Einwerfen von Fenstern, das Anheben oder Schaukeln von PKWs, das Bespritzen mit Benzin, das Gefangennehmen oder das Einsperren von Personen sein.

Waffen und andere verbotene Gegenstände

Bestraft werden kann auch das Mitführen bzw. Verteilen von Waffen und gefährlichen Gegenständen. Hier ist mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr zu rechnen. Unter Umständen kann sogar ein höheres Strafmaß nach dem Waffengesetz (WaffG) in Frage kommen. Gerade im rechtsextremen Milieu ist auch das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86a StGB) ein enormer Faktor. Hier droht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Friedliche Sitzblockaden und Vermummung

Hoch umstritten ist die Frage einer Strafbarkeit wegen einer Sitzblockade, speziell wenn diese das Ziel verfolgt, eine andere Demonstration zu behindern – etwa diese zu einer anderen Route zu zwingen. Vereinfacht gesagt: Bei einer friedlichen Sitzblockade ist eine Straftat regelmäßig zu verneinen. Eine Sitzblockade, verbunden mit Anketten, Einhaken oder aktivem Widerstand gegen das Wegtragen, wird im Regelfall als Nötigung nach § 240 StGB angesehen und kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder einer Geldstrafe bestraft werden.

Nicht jedem bekannt sind zudem spezielle Verbote aus dem Versammlungsgesetz. So ist es unter anderem nicht erlaubt, die eigene Identität zu verschleiern, z.B. durch Bemalung, Maskierung oder Verkleidung („Vermummungsverbot“). Weiter ist auch das Tragen von Uniformen und Uniformteilen („Uniformierungsverbot“) nicht gestattet. Das Verbergen des Gesichtes, beispielsweise durch eine Sturmhaube, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr geahndet werden.

Meinungsverschiedenheiten zwischen Demonstranten und der Polizei

Immer wieder gibt es bei Demonstrationen Probleme zwischen Teilnehmern und der Polizei, die bei ausnahmslos jeder Versammlung vor Ort ist. Zum einen hat sie die Aufgabe, die Demonstranten vor Störungen zu schützen. Zum anderen soll sie dafür sorgen, dass die Demonstranten sich an die Spielregeln halten und keine Straftaten begehen. Ob Straftaten in der zuvor benannten Form  daneben existieren natürlich noch weiter – tatsächlich begangen wurden, ist ein häufiger Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Dies liegt mitunter auch daran, dass die Polizei Teilnehmer nicht selten in eine Art „Sippenhaft“ nimmt.

Entsprechende Vorwürfe sollten Sie sie nicht ohne Weiteres gefallen lassen. Wichtig ist es dabei, so früh wie möglich einen Rechtsanwalt einzuschalten und gegenüber den Ermittlungsbehörden keine Angaben zu machen und sich auf das Schweigerecht zu berufen. Wurden Sie inhaftiert, verlangen Sie nach einem Rechtsbeistand. Häufig werden entsprechende Verfahren aus Mangel an Beweisen eingestellt. Wenn Sie weitere Fragen haben, zögern Sie nicht, mich zu kontaktieren.

Dieser Beitrag ist auch als Rechtstipp auf der Plattform anwalt.de erschienen.