Der Blitzmarathon – ein lästiges Übel!

Geschwindigkeitskontrollen stehen auf der Beliebtheitsskala vieler deutscher Autofahrer nicht gerade auf dem ersten Platz. Besondere Aufmerksamkeit ziehen in diesem Zusammenhang immer wieder sogenannte „Blitzmarathoni“ auf sich. Neben den ohnehin stetig stattfindenden Geschwindigkeitsüberprüfungen wird dann auf Bundes-, Landes- oder lokaler Ebene über einen Zeitraum von 24 Stunden genau hingeschaut und an überdurchschnittlich vielen Orten geblitzt. Rund um das Thema existieren dabei viele Mythen, falsche Vorstellungen und rechtliche Unsicherheiten. Was erlaubt ist und was nicht, wie Sie sich im Falle eines Verkehrsverstoßes am besten verhalten und warum das Einschalten eines Rechtsanwalts in vielen Fällen Sinn macht, wird im Folgenden erläutert.

Zuletzt wurde Mitte April in sieben Bundesländern gleichzeitig ein Blitzmarathon durchgeführt. Ein genauer Blick auf den Tacho war dabei Autofahrern in den Bundesländern Bayern, Brandenburg, Hessen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu empfehlen. Teilweise wurde den Autofahrern über das Internet oder die örtliche Presse dabei im Vorfeld genau mitgeteilt, wo die Blitzgeräte oder Beamten stehen – andere Bundesländer hüllten sich dagegen in Schweigen und gaben vorab keine Informationen in dieser Hinsicht heraus.

I. Gründe für den Blitzmarathon und Kritik

Über den Sinn oder Unsinn von solchen Aktionen kann man dabei lange diskutieren, wirklich zielführend ist das jedoch nicht. Deutlich sinnvoller ist es, sich seiner rechtlichen Optionen und Möglichkeiten in diesem Zusammenhang bewusst zu sein. Die Polizei sieht in den Blitzmarathoni ein wichtiges Mittel zur Bekämpfung von Unfällen, die aus überhöhter Geschwindigkeit resultieren. Denn es lasse sich belegen, dass Autofahrer auch zwischen entsprechenden Aktionen langsamer führen. Genau das wiederum wird von Kritikern bezweifelt, die bemängeln, dass auf diese Art und Weise keine Einsicht, sondern nur Gehorsam erzielt werde. Zudem stünde das finanzielle Interesse der Länder und Kommunen im Vordergrund.

II. Beliebte und häufige Fragen

Kommt bei einem Gespräch das Thema Geschwindigkeitskontrollen auf, werden immer wieder dieselben Fragen gestellt:

1. Darf die Polizei unmittelbar an einem Ortseingangsschild kontrollieren?

Weitläufig wird dabei die Meinung vertreten, dass ein solches Vorgehen der Polizei nicht erlaubt sei – es dürfe erst einige hundert Meter nach einem Schild geblitzt werden (hier variieren die Meinungen). Das ist so jedoch in dieser eindeutigen Form nicht richtig. Denn die mit einem Ortseingangsschild verbundene Höchstgeschwindigkeit gilt unmittelbar ab diesem Schild, grundsätzlich darf also auch ab dort geblitzt werden. Der Standpunkt ist jedoch trotzdem nicht völlig aus der Luft gegriffen und hat seinen Ursprung in den Verwaltungsvorschriften verschiedener Bundesländer. Diese schreiben der Polizei vereinfacht gesagt vor, wo geblitzt werden darf. Diese soll ihre Tätigkeiten zum Beispiel auf besondere Gefahrenpunkte konzentrieren – und grundsätzlich auch erst einige Meter nach einem Schild blitzen. Aus diesen Verwaltungsvorschriften als sogenanntes Binnenrecht können Sie als Bürger jedoch keine individuellen Rechte ableiten. Wurden Sie jedoch ohne sachlichen Grund im Vergleich zu anderen Verkehrsteilnehmern ungleichartig behandelt, besteht unter Umständen eine erfolgsversprechende Verteidigungsmöglichkeit. Hier kommt es jedoch stets auf die Umstände des Einzelfalls an.

2. Darf ich andere Verkehrsteilnehmer ungestraft vor einer Kontrolle warnen?

So sehr man sich auch oft über andere Autofahrer beschwert und ärgert, im Falle einer Geschwindigkeitskontrolle entwickelt sich oft eine erstaunliche Solidarität. Besonders beliebt sind dabei Hupe und Lichthupe – etwa um den Gegenverkehr auf eine Blitzaktion aufmerksam zu machen. So nett das auch gemeint sein mag, in juristischer Hinsicht ist dies eine unerlaubte Verwendung von Schall- und Leuchtzeichen (§ 16 StVO), die ein Bußgeld nach sich zieht. Erlaubt ist es dagegen, andere Autofahrer per Handzeichen auf ein Blitzgerät aufmerksam zu machen. Ebenfalls dürfen Radiostationen auf Orte aufmerksam machen, an denen kontrolliert wird. Kann eine Gefährdung ausgeschlossen werden, darf sogar mit einem Hinweisschild auf „Blitzer“ hingewiesen werden.

3. Darf ich vor einem Blitzgerät parken?

Viele Verkehrsteilnehmer haben Zweifel, ob sie vor einer Blitzanlage (oder hinter einer sich in einem PKW befindlichen Blitzanlage) parken dürfen. Die Rechtsprechung zeigt sich hier jedoch autofahrerfreundlich. Denn solange das Abstellen an der entsprechenden Stelle erlaubt ist, spielt es keine Rolle, ob sich dahinter eine Blitzanlage befindet. Darüber hinaus ist es sogar ohne Belang, ob Sie das Auto absichtlich dort abstellen, um eine Geschwindigkeitsmessung zu verhindern. Völlig anders sieht es natürlich dann aus, wenn das Parken an der Stelle nicht erlaubt ist.

4. Darf ich Apps auf meinem Smartphone nutzen, um Blitzer aufzuspüren?

Gab es früher aufwendige technische Gerätschaften, um Blitzer aufspüren zu können, sind diese aufgrund des technischen Fortschrittes heutzutage nicht mehr notwendig. Denn es existieren zahlreiche Apps, die einen mit Hilfe eines akustischen Signals sowohl vor festen als auch vor mobilen Blitzanlagen warnen. Trotz der Beliebtheit solcher „Helfer“, sollten sich Autofahrer jedoch vor Augen halten, dass der Einsatz dieser gegen die StVO verstößt und somit nicht erlaubt ist. Eine klare Linie der Rechtsprechung existiert insoweit aber noch nicht. Interessant: Anders stellt sich die rechtliche Beurteilung dar, wenn der Beifahrer eine solche App nutzt, die nicht per se verboten ist. Was genau der Beifahrer dem Fahrer aufgrund der Hinweise der App mitteilen darf, ist umstritten. Letztendlich wird die Polizei hier aber ohnehin in Beweisschwierigkeiten kommen.

III. Richtiges Verhalten im Falle eines Verstoßes

Manchmal sind alle Vorsichtsmaßnahmen nicht genug und man rasselt in eine Geschwindigkeitskontrolle. Selbstverständlich macht man sich anschließend unmittelbar Gedanken darüber, was einen aufgrund dieses Verkehrsverstoßes nun erwartet. Um eine Antwort auf diese Frage zu bekommen, kann man sich verschiedener Bußgeldrechner im Internet bedienen, die einen ersten ungefähren Überblick bieten. Auf keinen Fall sollten Sie Kontakt zu den Behörden aufnehmen, um sich nicht selbst zu belasten oder die im Ordnungswidrigkeitsrecht kurzen Verjährungsfristen zu unterbrechen. Wurden Sie unmittelbar nach dem Verstoß angehalten, sollten Sie von Ihrem Schweigerecht Gebrauch machen und sich gegenüber den Polizeibeamten gar nicht äußern. Zudem sollten Sie die Anzeige kontrollieren und dem gesamten Vorgang (Messgeräte, Standort Polizei, Tatort, Beschilderung und so weiter) dokumentieren. Falls Sie einen Anhörungsbogen der Bußgeldstelle erhalten, antworten Sie nicht auf diesen. Da es an einer förmlichen Zustellung fehlt, kann Ihnen nicht nachgewiesen werden, dass Sie einen solchen erhalten haben.

IV. Einschaltung eines Rechtsanwalts

Ergeht in der Folge tatsächlich ein Bußgeldbescheid gegen Sie, sollten Sie sich unbedingt rechtliche Hilfe suchen. Denn ein Vorgehen gegen diesen ist regelmäßig nur dann erfolgsversprechend, wenn durch einen Rechtsanwalt ein umfassendes Akteneinsichtsrecht geltend gemacht werden kann. Nur so hat man einen Überblick über alle relevanten Dokumente und Informationen. Häufig gelingt es Anwälten zudem, die möglichen Folgen abzuschwächen und zumindest ein Fahrverbot zu verhindern. Insgesamt lässt sich feststellen, dass Behörden immer wieder Fehler machen, die es zu nutzen gilt. So sind fehlerhafte Bußgeldbescheide an der Tagesordnung. Teilweise muss auch auf Sachverständigengutachten zurückgegriffen werden, um eine nichtzutreffende Messung beweisen zu können. Welche Schritte in dem jeweiligen Sachverhalt erfolgsversprechend sind, ist nur unter Abwägung aller individuellen Faktoren sinnvoll zu beantworten. Hier ist ein qualifizierter rechtlicher Beistand eine enorm wichtige Hilfestellung. Sie dürfen sich mit der Beauftragung jedoch nicht zu lange Zeit lassen, sonst beschneiden Sie sich wichtiger Handlungsmöglichkeiten.

Dieser Beitrag ist auch als Rechtstipp auf der Plattform anwalt.de veröffentlicht worden.