BGH kippt Mordurteil gegen „Kudamm-Raser“ – richtig oder falsch?

Nur selten wurde eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe sowohl von der juristischen Fachwelt als auch von der allgemeinen Öffentlichkeit mit solcher Spannung und intensiven Diskussionen im Vorfeld erwartet, wie der bundesweit aufsehenerregende Fall zweier junger Männer, die bei einem spontanen Autorennen in der Hauptstadt über den Kurfürstendamm den Tod eines unbeteiligten Dritten verursachten. Aufgrund zahlreicher Vorfälle in der jüngeren Vergangenheit war das Thema illegale Autorennen mehr und mehr in den Blickpunkt geraten. Im Februar 2017 hatte das Landgericht Berlin die beiden Männer wegen Mordes zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt – ein bislang einmaliger Vorgang. Denn zuvor waren solche Sachverhalte stets „nur“ als fahrlässige Tötung beurteilt worden. Gegen das Urteil des Landgerichts Berlin richtete sich nun die Revision der beiden Angeklagten vor dem Bundesgerichtshof. Dieser hob das Urteil des Landgerichts heute auf und verwies es zur Neuentscheidung an eine andere Kammer zurück. Maßgeblicher Grund: Die beiden Angeklagten hätten nicht mit Tötungsvorsatz gehandelt.

Sachverhalt

Zwei Männer im Alter von 25 (Marvin N.) und 27 Jahren (Hamdi H.) trafen sich im Februar 2016 kurz nach Mitternacht zufällig an einer Ampel auf dem Kurfürstendamm in Berlin und verabredeten sich mittels Blickkontakt spontan zu einem Autorennen. Nachfolgend duellierten sich die beiden Angeklagten mit Geschwindigkeiten von bis zu 170 Stundenkilometern auf der Hauptverkehrsstraße der Hauptstadt. Dabei ignorierten sie elf rote Ampeln, das Auto eines Fahrers rammte zudem einige Straßenbegrenzungen. Auf der Verlängerung des Kurfürstendamms, der Tauentzienstraße, an einer Kreuzung kurz vor dem KaDeWe, kam es dann zu einem tödlichen Unfall. Der Angeklagte Hamdi H. rammte einen Jeep, der bei grün gefahren war und anschließend über 70 Meter über die Straße geschleudert wurde. Der 69-jährige Fahrer verstarb noch am Unfallort. Der Angeklagte Marvin N. raste gegen eine steinerne Hochbeet-Einfassung und wurde mit dem Auto mehrere Meter durch die Luft geschleudert. Beide Fahrer blieben nahezu unverletzt.

Rechtsproblem

Problematisch war es nun, die Tat richtig rechtlich zu bewerten und so das entsprechende Strafmaß zu finden. Die Staatsanwaltschaft hatte die beiden Männer wegen Mordes angeklagt und lebenslange Freiheitsstrafen gefordert. Zuvor waren Raser in vergleichbaren Fällen lediglich wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurden. In dem vorliegenden Fall argumentierte die Staatsanwaltschaft, die Angeklagten hätten bei ihrem Rennen zwar niemanden absichtlich töten wollen, mögliche tödliche Folgen dennoch billigend in Kauf genommen. Als Mordmerkmale wurde der Einsatz von gemeingefährlichen Mitteln und niedrige Beweggründe angeführt. Die Verteidiger plädierten dagegen auf Schuldsprüche wegen fahrlässiger Tötung für den einen Fahrer und wegen Gefährdung des Straßenverkehrs für den anderen.

Es stellt sich also hier die Frage der Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und Fahrlässigkeit, die vor allem in der Praxis von enormer Bedeutung ist. Dementsprechend ist diese Thematik seit jeher extrem umstritten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterscheiden sich bedingter Vorsatz und bewusste Fahrlässigkeit darin, dass der bewusst fahrlässig Handelnde mit der als möglich erkannten Folge nicht einverstanden ist und deshalb auf ihren Nichteintritt vertraut, während der bedingt vorsätzlich Handelnde mit dem Eintreten des schädlichen Erfolgs in der Weise einverstanden ist, dass er ihn billigend in Kauf nimmt oder dass er sich wenigstens mit der Tatbestandsverwirklichung abfindet (vgl. statt vieler BGH, Beschluss vom 5. März 2008 – 2 StR 50/08, NStZ 2008, 451 m.w.N.). Die Prüfung, ob Vorsatz oder (bewusste) Fahrlässigkeit vorliegt, erfordert insbesondere bei Tötungs- oder Körperverletzungsdelikten eine Gesamtschau aller objektiven und subjektiven Tatumstände, wobei es vor allem bei der Würdigung des voluntativen Vorsatzelements regelmäßig erforderlich ist, dass sich der Tatrichter mit der Persönlichkeit des Täters auseinandersetzt und seine psychische Verfassung bei der Tatbegehung sowie seine Motivation und die zum Tatgeschehen bedeutsamen Umstände – insbesondere die konkrete Angriffsweise – mit in Betracht zieht (BGH, Urteile vom 18. Oktober 2007 – 3 StR 226/07, NStZ 2008, 93 f.; vom 27. Januar 2011 – 4 StR 502/10, NStZ 2011, 699, 702; vom 22. März 2012 – 4 StR 558/11, BGHSt 57, 183, 186 f.; vom 13. Januar 2015 – 5 StR 435/14, NStZ 2015, 216 jeweils m.w.N.). Diese Gesamtschau ist insbesondere dann notwendig, wenn der Tatrichter allein oder im Wesentlichen aus äußeren Umständen auf die innere Einstellung eines Angeklagten zur Tat schließen muss (vgl. etwa BGH, Urteil vom 13. Dezember 2005 – 1 StR 410/05, NJW 2006, 386 f.).

Grundsätzliche Diskussion in diesem Zusammenhang

Seit vielen Jahren steht der Mordparagraf, § 211 StGB, in der Kritik. Hintergrund der zugrundeliegenden Diskussion und entsprechenden Reformbemühungen ist die historische Entwicklung dieser Norm. Denn die Vorschrift geht in seiner Formulierung zurück auf das Dritte Reich. Im Jahre 1941 führte der Nationalsozialist Roland Freisler die Formulierung: „Mörder ist, wer…“ in das Strafgesetzbuch ein. Freisler gilt als der bekannteste und zugleich berüchtigtste Strafrichter im nationalsozialistischen Deutschland. Seine Formulierung ist bis heute unverändert geblieben und zudem bis heute einmalig im Strafgesetzbuch. Denn während sämtliche anderen Straftatbestände objektiv nach Handlungen bestimmt werden, beschreibt der Mord in § 211 StGB nicht, welche Tat ein Mord ist, sondern welcher Mensch ein Mörder ist. Ausgegangen wird also von einem subjektiven Standpunkt. Bestraft wird also auch eine Gesinnung. Das ist mit dem modernen Strafrechtsverständnis jedoch schlicht nicht mehr vereinbar.

Kritisiert wird zudem immer wieder die Unterscheidung zwischen Mord und Totschlag. Vereinfacht gesagt: Als Mörder wird bestraft, wer einen Menschen mit Methoden oder aus Motiven tötet, die die Gesellschaft besonders ablehnt. Das Strafgesetzbuch kleidet diese Anforderungen in sogenannte Mordmerkmale. Mörder ist demnach, wer etwa „aus Habgier“ tötet, „heimtückisch oder grausam“ oder „aus niedrigen Beweggründen“. Die dafür vorgesehene Strafe ist eindeutig: „Der Mörder wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft“, heißt es in § 211 StGB. Die Absolutheit dieser lebenslangen Freiheitsstrafe wird von vielen Seiten mit guten Argumenten kritisiert. Denn das Gesetz sieht keine Ausnahmen vor, auch dann nicht, wenn die aus der lebenslangen Freiheitsstrafe folgenden 15 Jahre Mindestfreiheitsstrafe im Einzelfall als unfair empfunden werden. Zwar versucht sich die Rechtsprechung im Wege der Rechtsfortbildung mit einer Milderung bei außergewöhnlichen Umständen zu helfen. Die Folge ist jedoch eine nicht hinnehmbare Rechtsunsicherheit. „Angeklagte und Verteidiger wissen dadurch nie, ob ein falsches Wort oder ein falscher Satz einen Beschuldigten in die lebenslange Haftstrafe katapultiert“, erklärt etwa der Düsseldorfer Strafrechtsexperte Rüdiger Deckers vom Deutschen AnwaltVerein. Auch einzelne Mordmerkmale, vor allem die Heimtücke und die sonstigen niedrigen Beweggründe, sind in den Augen vieler Juristen nicht mehr zeitgemäß und führen zu nicht hinnehmbaren Ergebnissen.

Aus diesem Grund berief der damalige Justizminister Heiko Maas im Mai 2014 eine Expertenkommission ins Leben, die die Tötungsdelikte reformieren sollte. Ein Jahr später wurden die Ergebnisse vorgestellt. Zu wirklich weitreichenden Änderungen konnte man sich jedoch nicht durchringen. So soll die lebenslange Freiheitsstrafe grundsätzlich beibehalten werden, aber nicht mehr die einzig mögliche Konsequenz bei einem Mord sein. Den Richtern soll die Möglichkeit gegeben werden, mildernde Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Auch der Tätertyp Mörder soll aus dem Gesetz verschwinden, zukünftig soll die Tathandlung im Vordergrund stehen. Beibehalten werden soll die Differenzierung zwischen Mord und Totschlag, wie auch die bereits bekannten Mordmerkmale – wenn auch mit einigen Änderungen.

Passiert ist seitdem jedoch nichts, ein entsprechender von Maas initiierter Gesetzesentwurf wurde nicht verabschiedet. Zu verhärtet sind die Fronten der beteiligten politischen Lager, eine mögliche Änderung liegt damit erst einmal auf Eis. Das Meinungsbild unter den Juristen ist ähnlich breit gefächert. Einigkeit besteht lediglich darüber, dass eine Reform zwingend notwendig ist. Wie genau diese aussehen soll, darüber kann jedoch keine Einigkeit erzielt werden. Es bleibt also abzuwarten, ob, wann und wie die Reform der Tötungsdelikte durchgeführt wird.

Das Ausgangsurteil

Die 35. Große Strafkammer des Landgerichts Berlin hatte die beiden Angeklagten wegen Mordes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung und vorsätzlicher Gefährdung des Straßenverkehrs erstinstanzlich zu lebenslangen Freiheitsstrafen verurteilt (Urteil vom 27.02.2017 – 535 Ks 8/16). In der Urteilsbegründung wurde ausgeführt, die Angeklagten hätten gewusst, was ihr Verhalten für eine Auswirkung auf andere Verkehrsteilnehmer haben könnte und sie hätten diese möglichen Folgen bewusst billigend in Kauf genommen, sich also mit dem Tod anderer Verkehrsteilnehmer abgefunden. Aus diesem Grund sei bei einer juristischen Betrachtungsweise von einem bedingten Tötungsvorsatz auszugehen. Darüber hinaus hätten die Angeklagten das Mordmerkmal des gemeingefährlichen Tatmittels verwirklicht. Die Angeklagten hätten ihre Autos, schwere Sportwagen mit enormer PS-Stärke, nicht mehr unter Kontrolle gehabt und damit eine hohe Anzahl von anderen Verkehrsteilnehmern und Passanten auf dem auch nachts stark frequentierten Kurfürstendamm in Gefahr gebracht. Sie hätten es dem Zufall überlassen, ob und wie viele Menschen durch ihr Verhalten zu Schaden kommen. Gleichsam wies der Vorsitzende in seiner mündlichen Urteilsbegründung darauf hin, dass die Summe der einzelnen konkreten Tatumstände und die Persönlichkeiten der Angeklagten in diesem Fall den Ausschlag gegeben hätten. Der Fall sei nicht vergleichbar mit anderen Vorfällen im Straßenverkehr, die in der näheren Vergangenheit ebenfalls für Diskussionen gesorgt hatten.

Das Urteil sorgte für enormes Aufsehen, stellte es aufgrund des Schuldspruches wegen Mordes doch eine echte Zäsur dar. Tagelang beherrschte das Thema sämtliche Medien. Aufgrund einiger weiterer vergleichbarer Fälle in den letzten Jahren schaltete sich auch die Politik ein, die wenig überraschend eine Gesetzesänderung forderte, nach der illegale Autorennen nicht mehr als Ordnungswidrigkeit, sondern als Straftatbestand geahndet werden sollen. Unter Juristen musste die Entscheidung ebenfalls viel Kritik einstecken. So wurde der Kammer vor allem Symbolik vorgeworfen. Entsprechend gespannt blickte man nun nach Karlsruhe auf die Entscheidung des BGH über die Revision.

Entscheidung des BGH

Der BGH hob das Urteil am heutigen Tage insgesamt auf, da es gleich mehrfach auf einer rechtsfehlerhaften Grundlage beruhe (Urteil vom 1. März 2018 – 4 StR 399/17).

So sei der vom Landgericht Berlin festgestellte tatsächliche Geschehensablauf bereits nicht geeignet, ein vorsätzliches Tötungsdelikt zu bejahen. So habe bei den Angeklagten ein bedingter Tötungsvorsatz im Hinblick auf ihr Autorennen und die damit verbundene Möglichkeit der Tötung eines anderen Verkehrsteilnehmers erst in dem Zeitpunkt bestanden, als sie die letzte Kreuzung – also die Unfallkreuzung – befuhren. Zeitgleich habe zu diesem Zeitpunkt aber bereits gar keine Möglichkeit mehr bestanden, den letztlich tödlichen Unfall zu verhindern – die Angeklagten seien „absolut unfähig gewesen, noch zu reagieren“. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass der Tötungsvorsatz erst dann bestand, als der Unfall ohnehin nicht mehr verhindert werden konnte – vorher bestand also gerade kein Tötungsvorsatz beziehungsweise eine entsprechende Vorstellung bei den Angeklagten.

Der BGH stellte bei dem Urteil des Landgerichts zudem Mängel bei der Beweiswürdigung in Bezug auf die subjektive Seite der Tat – also den Vorstellungen der Angeklagten – fest. So hatte das Landgericht unterstellt, dass die Eigengefährdung der Angeklagten nicht gegen einen Tötungsvorsatz spreche, da sich diese in ihren Fahrzeugen absolut sicher gefühlt hätten und eine Eigengefährdung nicht Teil ihres Vorstellungsbildes gewesen sei. Gleichzeitig stellt das Landgericht aber auch fest, dass einer der Angeklagten hinsichtlich der in seinem Auto sitzenden Beifahrerin schwere beziehungsweise tödliche Verletzungen in Kauf genommen habe. Darin sah der BGH einen Widerspruch. Weiter sei nicht hinreichend belegt, dass sich die Angeklagten in ihren Fahrzeugen tatsächlich absolut sicher gefühlt hätten. Hier hatte das Landgericht auf vergleichbare Fahrer abgestellt – entsprechende Erfahrungssätze gebe es aber tatsächlich nicht.

Weiter liege ein Mangel hinsichtlich des Angeklagten vor, dessen Auto nicht mit dem Unfallopfer zusammengestoßen sei. Hier hatte das Landgericht die Verurteilung wegen Mordes darauf gestützt, dass dieser als Mitttäter gehandelt habe. Mittäterschaft bezeichnet den Umstand, dass mehrere Täter eine Tat gemeinschaftlich begehen. Erforderlich dafür sind ein gemeinsamer Tatplan sowie eine gemeinsame Begehung der Tat. Dann muss nicht jeder Täter selbst sämtliche objektive Tatbestandsmerkmale erfüllen, vielmehr ist eine Zurechnung möglich. Der BGH urteilte, dass selbst wenn man einen Tötungsvorsatz unterstellen würde, keine Mittäterschaft im Hinblick auf die Tötung eines anderen Menschen vorgelegen habe. Stattdessen habe sich die Verabredung der beiden Angeklagten auf die Austragung eines illegalen Autorennens beschränkt und somit gerade einen anderen Inhalt gehabt, der sich nicht auf die Tötung eines anderen Menschen übertragen lasse.

In Fachkreisen keine Überraschung

Die Entscheidung des BGH war in Fachkreisen erwartet worden und hatte sich bereits in der mündlichen Verhandlung am 1. Februar 2018 angedeutet. Letztlich ist das Urteil der Karlsruher Richter auch nur konsequent und zu begrüßen. Denn die Kammer des Landgerichts Berlin war zu der Feststellung gelangt, dass der Tötungsvorsatz der beiden Angeklagten erst dann mit Sicherheit bejaht werden konnte, als diese die Unfallkreuzung befuhren. Zu diesem Zeitpunkt sei der Unfall aber gar nicht mehr zu verhindern gewesen. Aus juristischer Sicht spricht man insoweit von einem „nachträglichen Vorsatz“, der strafrechtlich jedoch unbedeutend ist. Recht anschaulich ist dabei das Beispiel der Vorsitzenden Richterin Beate Sost-Scheible aus der heutigen mündlichen Verhandlung:

„Jemand stößt aus Übermut einen Felsbrocken von einem Berg hinab und erkennt erst anschließend, dass unten sein Feind steht. Dann denkt er: ,Das trifft sich gut‘. Dieser nachträgliche Gedanke ist aber unerheblich, weil die eigentliche Tathandlung – das Hinabstoßen des Felsstücks – noch ohne diesen Vorsatz erfolgte.“

Diesem Umstand war im Vorfeld kaum Beachtung geschenkt worden, er ist aber nun die tragende Säule der Begründung der Revision beziehungsweise der Aufhebung des Urteils. Auch die Argumentation des BGH hinsichtlich der fehlerhaften Annahme einer Mittäterschaft durch das Landgericht Berlin kann überzeugen. Denn in tatsächlicher Hinsicht kann wohl ein gemeinsamer Tatplan und eine gemeinsame Tatbegehung in Bezug auf das Abhalten eines illegalen Autorennens festgestellt werden – jedoch gerade nicht in Bezug auf die Tötung eines anderen Menschen.

Fazit

In der juristischen Welt dürfte das Urteil des Bundesgerichtshofs viel Zustimmung ernten – ob dies auch für breite Teile der Öffentlichkeit gilt, muss abgewartet werden. Ebenso darf mit Spannung erwartet werden, ob der Gesetzgeber noch einmal reagiert und entsprechende Straßenrennen (noch) schärfer unter Strafe stellt.

Letztlich bleibt zudem festzuhalten, dass das Urteil des Bundesgerichtshofs keine Grundsatzentscheidung darstellt. Vielmehr hat er lediglich ein Urteil aufgrund der Begebenheiten dieses konkreten Einzelfalls gefällt. Denkbar ist eine Verurteilung wegen Mordes im Hinblick auf illegale Straßenrennen also dennoch. In diesem Zusammenhang soll nicht unerwähnt bleiben, dass der BGH zeitgleich über zwei weitere Revisionen in ähnlich gelagerten Fällen entschied (Urteil vom 1. März 2018 – 4 StR 311/17 und Urteil vom 1. März 2018 – 4 StR 158/17). In beiden Fällen waren die Angeklagten wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurden. Hiergegen richteten sich die Revisionen der Staatsanwaltschaft, die stattdessen die Verurteilung wegen eines vorsätzlichen Tötungsdelikts erreichen wollten. In einem Fall (Landgericht Bremen – Urteil vom 31. Januar 2017 – 21 Ks 280 Js 39688/16) wies der BGH die entsprechende Revision als unbegründet zurück. In dem anderen Fall (Landgericht Frankfurt am Main – Urteil vom 1. Dezember 2016 – 5/8 KLs 4690 Js 215349/15 (1/16)) hob der BGH das Urteil wegen Fehlern in der Beweiswürdigung jedoch auf und wies ihn zur Neuentscheidung an eine andere Kammer des Landgerichts Frankfurt zurück.

Der Fall der Berliner Kudamm-Raser ist mit der Entscheidung des BGH jedoch noch nicht beendet. Nun muss eine andere Kammer des Landgerichts Berlin ein neues Urteil fällen – eine Verurteilung wegen Mordes ist dann jedoch so gut wie ausgeschlossen.

Dieser Beitrag ist auch als Rechtstipp auf der Plattform anwalt.de erschienen.