Online-Casinos – alles illegal oder was?

Die Zeiten, in denen Spielautomaten hauptsächlich in verrauchten Eckkneipen betrieben wurden, gehören längst der Vergangenheit an. Mittlerweile hat sich die Problematik mit Macht in das Internet verlagert. In Online-Casinos werden sämtliche Varianten des Glücksspiels angeboten – Slots, Roulette, Black Jack und vieles mehr. Und das Angebot erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Die Anbieter können Milliardenumsätze aufweisen, die Spieler wittern die Chance auf einen schnellen und unkomplizierten Gewinn – geködert werden sie mit Boni und Freispielen. Die Casinos fallen zudem durch massive Werbung in TV, Printmedien und dem Internet auf – auch immer mehr namhafte Fußballvereine lassen sich von Wettanbietern sponsern. Doch ist das Spielen bei diesen Online Casinos in Deutschland überhaupt legal? Die Antwort auf diese Frage ist alles andere als einfach und eindeutig. Der nachfolgende Beitrag soll einen Überblick über die unklare Rechtslage geben und etwas Licht ins Dunkel bringen.

Grundsätzliches zum Online-Glücksspiel

Eigentlich ist die Frage auf die Antwort schlicht und unspektakulär: Das Spielen in Online-Casinos ist in Deutschland illegal. An jedes „eigentlich“ schließt sich jedoch unweigerlich ein „Ja, aber!“ an – und wirklich einfache Antworten gibt es in juristischen Fragen ohnehin ja nur äußerst selten.

Fangen wir daher zunächst einmal ganz von vorne an: Als Online-Casinos gelten virtuelle Casinos, auf die über das Internet zugegriffen werden kann. Online-Casinos machen das Wetten und Spielen von Casinospielen über an das Internet angeschlossene Endgeräte – etwa Computer, Smart-TVs, Tablets etc. – möglich.

Nationale Rechtsgrundlage in Deutschland ist der Glücksspielstaatsvertrag, der ein Veranstalten von Glücksspielen im Internet grundsätzlich ausschließt. Argumentiert wird dabei vor allem mit Gründen der Suchtprävention und des Schutzes vor Betrug. Legal sind Glücksspiele in Deutschland erst dann, wenn sie von staatlicher Stelle genehmigt werden und die Betreiber über eine entsprechende Lizenz verfügen. Dazu gehören in der realen Welt zum Beispiel die Landesspielbanken oder gewerbliche Automatenaufsteller, weiter wurden 20 Lizenzen für Sportwettenanbieter in der virtuellen Welt vergeben. Im Ergebnis bedeutet dies ein Glücksspielmonopol für den Staat – eine Regelung, die seit jeher massiver Kritik ausgesetzt ist. Die Befürworter einer Liberalisierung des Wettmarktes werfen der öffentlichen Hand vor, Suchtschutzgründe lediglich vorzuschieben und stattdessen hauptsächlich ureigenste Gewinnerzielungsabsichten zu verfolgen.

Erste Krux ist dabei bereits der Glücksspielstaatsvertrag selbst – und das aus verschiedenen Gründen. Zum einen ist die Regulierung des Glücksspielmarktes Ländersache. Grundsätzlich kann also jedes Bundesland selbst entscheiden, wie es seine Lizenzen verteilt. Das Bundesland Schleswig-Holstein hat so in der Vergangenheit bereits einen Alleingang gestartet und Anbietern von Online-Casinos mit entsprechenden Lizenzen ausgestattet. Diese galten zwar explizit nur für Schleswig-Holstein, das Wettangebot wurde jedoch trotzdem bundesweit beworben und lockte so Spieler aus ganz Deutschland auf die Internetseiten. Die Lizenzen sind mittlerweile allerdings wieder ausgelaufen. Auch die hessische Landesregierung um Ministerpräsident Bouffier hat jüngst angekündigt, noch im Jahr 2019 einen eigenen Weg einschlagen zu wollen.

Weiter wird immer wieder diskutiert, ob die deutschen Regelungen zum Glücksspiel mit dem EU-Recht vereinbar seien. In diesem Zusammenhang wird stets angeführt, dass ein Verstoß gegen die europarechtlich garantierte Dienstleistungsfreiheit vorliege. Meinungen gibt es diesbezüglich fast so viele, wie es Juristen gibt. Doch Fakt ist: Der Glücksspielvertrag ist bis zum heutigen Tage gültig. So entschied das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig mit Urteil vom 26.10.2017 (8 C 14.16), dass das Verbot, Casino-, Rubbellos- und Pokerspiele im Internet zu veranstalten oder zu vermitteln, auch nach der teilweisen Öffnung des Vertriebswegs „Internet“ für Sportwetten und Lotterien mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar ist. Immer wieder gibt es zwar Reformbestrebungen, diese haben jedoch bislang keine spürbaren Auswirkungen entfaltet.

Die Realität im Internet

Wie bereits einleitend angesprochen, kann man sich der Werbung für Online-Casinos dennoch kaum entziehen. Dies ist vor allem deshalb möglich, da die Anbieter in der Regel Lizenzen aus Malta, Gibraltar oder von der Isle of Man beziehen und sich darauf berufen, in der gesamten EU ihre Spiele anbieten zu dürfen. Sie argumentieren damit, dass das deutsche Verbot für sie nicht gelte und gegen europäisches Recht verstoße. Das steht jedoch in einem klaren Widerspruch zu der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes.

Zu befürchten haben die Anbieter jedoch trotzdem kaum etwas. Denn die Aufsichtsbehörden lassen diese gewähren und setzen die bestehenden Verbote faktisch nicht durch. Dies gilt sowohl für das Betreiben der Websites als auch für das Bewerben dieser. Wer in Deutschland sein Geld in einem Online Casino verspielen möchte, kann dies ohne jegliche Einschränkung tun.

Dass kein ernsthafter Wille zur Durchsetzung der Verbote vorhanden ist, wird vor allem dadurch deutlich, dass auch die zugrunde liegenden Zahlungsströme nicht unterbunden werden. Zwar beruft man sich darauf, dass eine Vollstreckung vor allem daran scheitere, dass sich die Glücksspielanbieter bewusst in Staaten wie Malta oder Gibraltar niederlassen, die sich mangels völkerrechtlicher Übereinkommen einer Vollstreckung deutschen Rechts entziehen. Es ist jedoch ein offenes Geheimnis, dass Wetteinsätze auch auf deutsche Konten eingezahlt und Spielgewinne von deutschen Konten ausgezahlt werden. Darüber hinaus sind deutsche Zahlungsdienstleister bei der Abwicklung beteiligt.

Strafbarkeit des Nutzers

Während die rechtsdogmatischen Fragen und die weitere Entwicklung durchaus interessant sind, stellt sich für den Nutzer eines Online-Casinos regelmäßig nur folgende schlichte Frage: Mache ich mich durch das Nutzen eines Online-Casinos strafbar oder nicht? Hier ist vor allem § 285 StGB („Beteiligung am unerlaubten Glücksspiel“) zu beachten. Danach macht sich strafbar, wer sich an einem öffentlichen Glücksspiel (§ 284 StGB) beteiligt. Der Strafrahmen reicht hier von Geldstrafe bis zu sechs Monaten Freiheitsstrafe.

Hier stellt sich nun wiederum die Frage, ob § 285 StGB für alle Online-Casinos weltweit gilt: Macht sich der Nutzer also strafbar, wenn er von Deutschland aus über das Internet bei einem ausländischen Anbieter spielt? Macht es einen Unterschied, wenn der ausländische Anbieter zwar über keine deutsche Lizenz verfügt, aber über eine Konzession seines Heimatlandes? Nach dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers soll unter die §§ 284 ff. StGB grundsätzlich auch jedes ausländische Online-Casino fallen, wenn es in Deutschland abrufbar ist. Sonst bestünde die Gefahr, dass der Anbieter sich im Ausland verstecke und die Strafvorschriften ins Leere liefen. Im Ergebnis würde dies jedoch zu einer uferlosen Anwendung des deutschen Strafrechts führen, da jede Website von Deutschland aus abrufbar ist. Wie nicht anders zu erwarten, hat sich aus diesem Grund noch keine einheitliche Rechtsprechung entwickelt. Tatsächlich scheint die Mehrzahl der Strafgerichte jedoch tatsächlich dem Gesetzgeber zu folgen. Die Absurdität liegt auf der Hand und verkennt die Internationalität des Internets auf ganzer Linie.

In der Praxis ist jedoch festzustellen, dass Verurteilungen wegen der bloßen Nutzung eines Online-Casinos die absolute Ausnahme darstellen. Auch Ermittlungsverfahren werden nur äußert selten eingeleitet und darüber hinaus regelmäßig eingestellt, sollte es doch einmal so weit kommen. Aber: Völlig ausgeschlossen ist eine strafrechtliche Verfolgung nicht. So verurteilte das Amtsgericht München im Jahr 2014 einen Black-Jack-Spieler zu einer Geldstrafe – konkret ging es da jedoch auch um Einsätze und Gewinne im sechsstelligen Bereich. Summen, mit denen Otto Normalverbraucher eher selten hantieren dürfte.

In der zivilgerichtlichen Rechtsprechung wird die Anwendung deutschen Rechts übrigens anhand bestimmter Kriterien begrenzt. Dies soll danach nur gelten, wenn die Webseite (auch) in Deutschland bestimmungsgemäß abgerufen wird. Dabei spielen unter anderem die Sprache, die Währung, die Top-Level-Domain und der Leistungsort eine Rolle. Eine Handhabung, die deutlich überzeugender ist, als diejenige der Strafgerichte.

Fazit zu Online-Casinos

Unter dem Strich kann die derzeitige Rechtslage nur als katastrophal bezeichnet werden. Man kann sich des Eindrucks nicht verwehren, dass die staatlichen Stellen selbst nicht wissen, wie sie mit der aktuellen Situation und dem immer weiter boomenden Markt umgehen sollen. Das Zögern und die Uneinigkeit des Gesetzgebers sind dazu noch Wasser auf die Mühlen. Dabei wäre eine Reform des Glücksspielrechts dringend und zwingend notwendig. In naher Zukunft ist nach dem angekündigten Vorstoß des Bundeslandes Hessen zudem eine erneute und weitere Zersplitterung der Rechtslage zu befürchten.

Bisher konnten sich die Bundesländer in der Ministerpräsidentenkonferenz Ende März lediglich darauf einigen, dass ein neuer Glücksspielstaatsvertrag verabschiedet werden soll – und zwar für das Jahr 2021. Im Oktober sollen entsprechende Entwürfe vorgelegt werden, etwas Konkretes gibt es jedoch noch nicht. So ist auch weiter unklar, ob es eine zentrale Regelung oder einen Einzelkampf eines jeden Bundeslandes geben wird. Die zweite Möglichkeit stellt derzeit den vielversprechendsten Ansatz dar. Jedes Bundesland hat dann selbst in der Hand, ob es Online-Casinos legalisiert oder nicht.

Für die Nutzer von Diensten eines Online-Casinos muss noch einmal betont werden, dass die Teilnahme an diesen Glücksspielen in Deutschland illegal ist und grundsätzlich strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann. Zur Wahrheit gehört jedoch auch, dass das Risiko einer tatsächlichen Verfolgung nur im Promillebereich liegt. Letztendlich obliegt es jedem selbst einzuschätzen, ob er dieses Risiko eingehen möchte. Ganz unabhängig von der Sinnhaftigkeit des Spielens in einem Online-Casino im Allgemeinen.

Dieser Beitrag ist auch als Rechtstipp auf der Plattform anwalt.de erschienen.